> Das geht ja bunt zu und her bei euch…das fasziniert
> mich… seid ihr alle ganz anspruchslos oder geniesst ihr
> einfach den Moment miteinander?
Ich weiss jetzt nicht, worauf sich dieses 'anspruchslos' beziehen soll – aber ja, der Genuss des Augenblicks spielt dabei natürlich eine sehr tragende Rolle -schmunzel-
> Nie Zoff, nie Eifersucht, wird nie jemand vom Gefühl
> befallen, zu kurz zu kommen?
Klar kommt das vor. Ich weiss, dass in Polyamorie-Foren oftmals das Gegenteil behauptet wird. Aber das führe ich mal frech zurück auf eine momentane Euphorie jener, welche die Polyamorie gerade mal für sich entdeckt haben oder sie idealisieren, solche Foren dann dominieren und die ersten großen Stolperfallen noch vor sich haben oder sie einfach ignorieren, die Augen vor ihnen verschliessen – denn die kommen unweigerlich -schmunzel-
Es gibt Zoff, insbesondere wenn einer der Beteiligten gerade eh schlecht drauf ist und das dann auf die Beziehungskonstellation überträgt. Es gibt auch Eifersüchteleien (aber so eine richtige Eifersucht eigentlich nicht (mehr)) aus dem gleichen Grund, beim gleichen Anlass. Aber dann kommen auch wieder die Zeiten, wo jeder für sich in diesem 'Netz' sich wohl fühlt, die Stimmigkeit fühlt, glücklich damit ist. Und die überwiegen bei uns dreien eindeutig.
Bei zwei Frauen und einem Mann wie es ja bei uns der Fall ist kommt natürlich dem Mann eine besondere mediale Rolle zu. Es ist insbesondere meine Aufgabe darauf zu achten, dass keine der beiden Damen das Gefühl bekommt, 'vernachlässigt' zu sein. Das lässt sich zwar nicht immer erreichen (insbesondere wenn einer der Damen gerade mal etwas launisch ist, was ja bei jedem Menschen immer mal vorkommt), aber mittlerweile bekomm ich das eigentlich ganz gut hin ohne großen Aufhebens – Übung macht halt den Meister -smile-
Eines kann man auf jeden Fall sagen: Ich bin ein viel aufmerksamerer Mann geworden, und das tut uns allen drei sehr gut.
> Verzeih mir meine Neugier…aber das ist das erste Mal,
> dass ich die vielbeschworene Polyamorie mal so
> beschrieben erhalte.
> Sonst tönt es immer so irgendwie wummerig und nicht
> wirklich nachahmenswert…so im Stil „gute Miene zum
> bösen Spiel machen“…
Wie ja schon mal oben beschrieben: Das was da so aus Polyamorie-Foren tönt, kann man nicht ganz so ernst nehmen, zumindest wenn es über einen langen Zeitraum hinweg funktionieren soll. Es gibt mittel- und langfristig keine Gleichbehandlung, 'Egal'-Behandlung, keine 'Gleichberechtigung der Lieben'. Eine Wertigkeit, eine Hirarchie schleicht sich bei Menschen immer irgendwann ein. Und diese sind bei uns klar: Meine Frau ist meine Frau, mit ihr will ich den Rest meines Lebens verbringen, unsere Beziehung ist nicht auf eine Endlichkeit ausgelegt. Während ich zugleich weiss, dass Sairyaa irgendwann wieder von mir gehen wird (was mir dann aber Schmerzen bereiten wird) zu einem anderen Mann, der ihr seine ganze Aufmerksamkeit widmet, weil sie so etwas genau dann braucht und hoffentlich auch bekommt. Aaber die Zeit bis dahin wird von uns genossen bis zum letzten Tropfen! Das kann nächsten Monat sein oder auch erst in ein paar Jahren. Im Moment denke ich aber, dass eher das zweitere der Fall sein wird und bin sehr glücklich darüber -smile-
> aber bei dir tönts munter und zufrieden. Ists auch so?
Auch wenn das in heutigen Zeiten etwas unwirklich klingt, Myriam: Ich bin tatsächlich ein glücklicher Mann! Und die zwei Damen sind ebenfalls glücklich mit uns so wie wir sind. Die kleinen (Un-)Tiefen sind schnell überwunden, das haben wir mittlerweile alle gelernt, man lacht halt ein wenig über die kleinen Haken und Ösen welche der Alltag und das Menschsein einem hier und da beschert und fängt sich wieder – um sich dann wieder wohl zu fühlen. So ist halt das Leben -smile- Und in vielen Belangen gehen wir drei desahlb mit weit offeneren Augen durch unseren Alltag und erkennen vieles, was anderen als Drama erscheint, als belächelnswertes Drämchen… -smile-
> Wo zieht ihr die Grenze, nach dem Sex? Wohl nicht, wenn
> es für deine Muse eine vollwertige Beziehung ist?
Ich liebe meine Frau. Und ich liebe meine Geliebte. Und die beiden lieben auch mich, nicht trotzdem sondern wahrscheinlich sogar weil es so ist wie es ist. Immerhin sind meine Frau und ich nun fast schon sechzehn Jahre zusammen und so manches was in anderen Beziehungen zum Beziehungskiller wird, ist bei uns auch weiterhin noch in Bewegung, wenn Du verstehst was ich damit sagen will. Stagnation ist in solch einer Beziehung eigentlich fast schon ein Fremdwort.
> Und schmerzt es deine Angetraute nicht, wenn du liebe-voll
> mit deiner Muse bist?
Bisweilen schon, zumindest mehr als beim Blick meiner Geliebten auf meine Frau. Aber das ist sehr stimmungsabhängig. Es ist eben ziemlich verführerisch, momentane Launen einfach in dem etwas anderen unserer Beziehung abzureagieren, ihr die 'Schuld' für allerlei anzulasten, wenn man gerade mal wieder einen Frust hat. Das ist nur menschlich, das etwas andere, 'fremdere' hat immer erst mal die Generalschuld, ehe man sie bei etwas anderem oder gar bei sich selber sucht -lach- Aber mittlerweile sind wir ganz gut darin, das für uns auch zu reflektieren. Und ich bin ganz gut darin, auch mal eine besondere Aufmerksamkeit zu verteilen, wenn ich merke wo gerade mal wieder das Fell juckt -schmunzel-
Aber eigentlich sind das alles Beziehungsarbeiten, welche auch in allen Zweierbeziehungen geleistet werden sollten – aber dort unglaublich selten stattfinden…
Übrigens ist für mich jede Liebe höchst individuell, es gibt nicht DIE Liebe, sondern zu jeder geliebten Person unterhält man eine Liebe die sich zu der einem anderen Menschen gegenüber fundamental unterscheidet. Daher kann auch die Liebe zu einem Menschen jene zu einem anderen eigentlich gar nicht ersetzen. Es sei denn, man beschließt das Sterben einer Liebe, zum Beispiel weil man denkt, es darf eigentlich nur eine Liebe zugleich geben. Eine weit verbreitete Annahme übrigens, welche so manchen in unserer Kultur schon in so manches (völlig unnötige!) Leid gestürzt hat.
> Ich vermute, ihr seid alle mit einer guten Portion Toleranz
> und Grosszügigkeit gesegnet….oder?
Der Mensch ist in erster Linie ein Egoist, Myriam – aber aus dem Egoismus kann dann auch der Altruismus geboren werden -schmunzel- In anderen Worten: Sich (emotional und) sexuell auch anderen Menschen zuwenden zu können, ist erst einmal der Urantrieb zu einer offenen Beziehung. Die Konsequenz daraus, dies auch dem Partner zu gönnen, ist dabei der lästige Preis, den es erst mal zu bezahlen gilt. Aber mit der Zeit lernt man, dass man damit das Glück des Partners vermehren kann, dass dieses Glück wiederum auf einen selbst wieder zurückfällt und der Liebe zwischen den Partnern gut tut und diese auch dauerhaft am Leben (im wahrsten Sinne des Wortes) halten kann. Es ist wie ein andauernder Impuls von aussen, wie ein ständiger Zustrom von positiver Energie in Form von Reizströmen.
Es macht glücklich, sowohl die Individuen als Egoisten als auch das Paar innerhalb ihrer altruistischen Liebe zueinander, Myriam.
Aber glaub jetzt nicht, ich sei so ein abgehobener Esoteriker, das bin ich beileibe nicht -lach- Aber diese Metaphern beschreiben es eben am Treffendsten.
Um noch einmal auf Deine Frage zurückzukommen: Toleranz und Grosszügigkeit haben wir sicherlich alle drei, wenn auch nicht im abgehobenen Maß – aber sie sind geboren aus einem fundamentalen Egoismus heraus. Und diese drei individuell portioniert stellen dann das individuelle Glück jedes einzelnen von uns dar -smile-
Der Mensch ist eben nicht nur gut oder nicht nur schlecht – er ist halt Mensch, das heißt immer irgendwie beides zugleich. Und das heißt auch nicht, dass er grau, gemittelt, harmonisiert, perfekt ausgeglichen ist – sondern eben bunt, ambivalent, sprunghaft(,) lebendig -zwinker-
Und ich fühl mich verdammt bunt! -lach-