Die Chance = das Glück. In diesem Fall das Glück, in etwas mehr zu finden?
Immer wieder fällt mir der Zusammenhang ins Auge zwischen den Fähigkeiten eines Menschen, sich auch einmal vulgär, obszön auszudrücken bzw. sich darauf einzulassen und jener, eine ekstatische, zutiefst befriedigende Sexualität leben zu können.
Für nicht wenige Menschen ist es ein Affront mit Wörten konfrontiert zu werden wie ficken, bumsen, blasen, Arsch, Möse, Muschi, Schwanz, Prügel, Fotze, Arschloch, …, geschweige denn sie auch noch in kräftiger Ausdrucksweise selbst in den Mund zu nehmen.
Statt dessen wird oft verdrückt, wenn überhaupt(!) und auch dann nur unter offensichtlicher Überwindung Gebrauch gemacht von miteinander schlafen, Verkehr haben, Liebe machen, Hintern, Cunnilingus, Fellatio, Hinterteil, Anus, Vagina, Mumu, Penis …
Ganz offensichtlich lautet der Nullpunkt auf dem Gradmesser einer sexuellen Sprach- und Ausdrucksfähigkeit Sprachlosigkeit, während das obere Ende durch eine uneingeschränkte Vulgarität bzw. Obszönität besetzt ist. Dazwischen gibt es war auch solche Menschen, welche sich gewählt und darin sogar scheinbar frei über Sexualität auszudrücken vermögen. Aber wie es scheint, sind das überwiegend verkopfte Theoretiker, denn in ihrer Umsetzung einer unbeschwerten, 'instinktiven' Sexualität scheitern diese nur all zu oft.
Meinen Beobachtungen nach hat das mitnichten etwas mit einer mehr oder wenigen guten Erziehung zu tun. Dirty Talking zB ist nicht beschränkt auf bestimmte gesellschaftliche Klassen oder verschiedene Kinderstuben. Nein, allein das Verhältnis zur eigenen Sexualität bestimmt die Sprache. Umso 'verdruckster' die Sprache, umso verdruckster auch die Sexualität. Vulgarität und Obszönität stellen also gewissermaßen auch ein Synonym dar für ich-sexuelle Freiheit.
Vielleicht sind diese beiden letzteren ja deshalb so verfemt?
Das möchte ich aber mitnichten auf das Dirty Talking (gibt es dafür eigentlich einen deutschen Ausdruck?) beschränken, auch im partnerschaftlichen Gespräch oder beim Gespräch in einer kleinen Runde über sexuelle Themen lässt sich das durchaus beobachten.
Man könnte daraus jetzt eine Frage basteln: kann die eigene Sprache vielleicht das Verhältnis zur eigenen Sexualität mitbestimmen oder geht das nur andersherum? Ich behaupte mal frech: beides ist möglich 😉
Klingt provokant? Ist es auch.
Ich möchte behaupten, dass ich eine gute und sehr ausgeglichene Sexualität hab, trotzdem benutze ich diese „Wörter“ nicht. Das hat nicht mit Verklärtheit zu tun oder das ich Sex ablehne. Ganz im Gegenteil, aber für mich hat die Sprache auch was mit Respekt zu tun, und mit jemanden Sex zu haben eben auch!
Mag ich vielleicht eine Ausnahme sein….
Ich denke da ist schon etwas dran, weil wenn ich mich so zurück erinnere, das ist beides auf einmal bei mir erwacht.
Und ich finde es auch sehr erfrischend, die Dinge beim Namen zu nennen. Nur einen nachteil hat das ganze auch, ich muss mir jetzt ertaunlich oft auf die zunge beissen um nicht am falschen Ort oder Kreis, das Falsche zu sagen.
@Elidea: Bist du dir da sicher? Weil wenn das so währe, dann müssten wir nicht so oft pssst sagen wenn ein gewisser Zwerk in der Nähe ist. 😉
Wieso wusste ich dass das kommt?
Nun zum Teil hast du Recht, wenn ich mit euch rede bzw. Freunden kommen ein paar wenige solcher Wörter raus. Wobei ich das mit den Vögeln gut hinbekommen hab.
Und trotzdem, wenn ich von meinem Sexpartner das hören würde, während wir uns grad „aufwärmen“, würde ich gleich wieder gehen.
Das sind keine Worte um geil zu werden. Somit kann man sagen ich steh nicht auf DirtyTalk, ganz im Gegenteil es widert mich an.
„kann die eigene Sprache vielleicht das Verhältnis zur eigenen Sexualität mitbestimmen oder geht das nur andersherum?“
Ein interessanter philosophischer Denkansatz! Sprache heißt ja gleich Kommunikation, also verbaler Gedankenaustausch. Sexualität ist da etwas komplexer, denn zwar steht das nonverbale, also rein Physische erstmal im Vordergrund, aber ganz „ohne Kopf“ geht es nun auch nicht! Die Frage ist, ob uns schmutzige Gedanken, die zu ebensolchen Wörtern werden, uns zu besserem oder überhaupt stattfindendem Sex verhelfen?
Ich denke, dass es genug Menschen gibt, die zwar über die entsprechende „Sprachfertigkeit“ verfügen, aber trotzdem ein gestörtes Verhältnis zur Sexualität haben können. Auf der anderen Seite gibt es die Leute, die sich eher zurückhalten, egal ob im Freundes- oder Familienkreis. Sie leben dann ihre Fantasien mehr beim Sex aus.
Meiner Meinung nach, ist die Sexualität dafür an sich zu komplex, als das man hier behaupten könnte: Wer weniger/anders darüber spricht, hat zu wenig oder schlechten Sex z.B.! Das gilt auch invers betrachtet.
Grüße
„Die Grenze meines Sprache ist die Grenze meiner Welt“ sagt (und denkt) Wittgenstein. Welch phantasieloser Philosoph das doch war. Mein Denken, Fühlen, Leben lässt sich doch niemals vollkommen in Sprache ausdrücken. Es existiert also ein Teil der Welt jenseits der Sprache.
Wir prägen unsre Sprache, nicht andersherum. Egal was Sozio-Linguisten und Philosophen sagen. Ein trivialer Beweis dafür: Können Taubstumme nicht versaut sein? Kann ich nicht versaut eine Frau ficken, deren Sprache ich nicht spreche? Das Versaut-Sein geht tiefer als das Sprechvermögen. Ganz einfach weil der Sexualtrieb grundlegender als die Sprachfähigkeit ist.
LG
SexToday
Also ich kann und will nur von mir selber ausgehen und muss Promisc recht geben:
An Tagen, wo ich einfach mit meiner Sexualität hadere oder gehadert habe, habe ich ganz klar ein Problem mit solchen Worten. Benutzen tue ich sie selber eher bedingt und es stößt mich jede Verwendung eines offenes Begriffs einfach nur ab und wird vorallem als ein Angriff direkt auf meine Person gesehen.
Jedoch ganz anders wenn ich dann aber mal wieder voll in meinem Element stehe ohne Kompromisse und Rücksichtnahme zu meinem Sein als Miststück, schon einige Texte dazu hier gelesen, gehe ich da sehr gerne, natürlich ohne einen gewissen Unterton, drauf ein. Klar gibt es gewisse Momente wo es mir stockt und ich kurz aus dem Genuss herauskomme, geschah neulich beim Wort Nutte, doch finde ich mich da dann meist sehr schnell wieder im gemeinsamen Genießen sein und weiß dies ist nur der verbaler Ausdruck seiner Sexualität, die wir gerade erleben und spüren. Habe dabei aber immer ein offenes Ohr, wenn ich gerne gewisse Begriffe aus dem Spiel heraus nehme, um Missverständnissen vorzubeugen.
Meine eigen Wortwahl ist selber eher ungeschliffen und Plump wird wohl durch das Alter (süße 20) und meine Generation zu Stande gekommen sein, da fehlt leider ein gewisses Scham- oder besser passend das Bedeutungsgefühl für Wörter.
Helmut Newton meinte mal er benützt lieber die Deutschen Wörter wie Arsch weil sie deftiger klingen. Das englische ass pussy, fuck etc. sind ja auch etwas wohlklingender udn cooler als die Deutsche Kraftausdrücke. Es braucht schon etwas überwindung dazu finde ich – mache ich nicht unbedingt beim ersten Malm bzw kommt auch sehr auf das weibliche Gegenüber an. Das ist aber auch eine Erziehungsfrage und es ist sehr sehr gut vorstellbar das Leute ein entspanntes Verhältnis zwar zur Sexualität haben aber Auf Dirty Talk nicht können oder wollen. (also im erregenden Sinne, das so Wörter von fast jeden in Witzen und Flüchen verwendet werden ist ja eh klar)
„kann die eigene Sprache vielleicht das Verhältnis zur eigenen Sexualität mitbestimmen oder geht das nur andersherum?“
beides. in der konkreten situation das erste , was die grundhaltung angeht das zweite.
ich liebe direkte worte von meinem geliebten, das macht mich an.
was andere anlangt gilt, daß die angemessenheit an situation und beziehung der miteinander sprechenden gewahrt sein sollte.
Ich bin der souverän über meine Sexualität. Wenn sich jemand anders unangemessen außert ist das allein ein problem seines fehlenden sozialen einfühlungsvermögens, keines das mein selbstwertgefühl betrifft.
Sprache bestimmt sehr wohl unser denken und handeln, aber sie wird von uns „gebraucht“ , d.h unser denken bestimmt wann wir welche sprache verwenden…
🙂
Das wirklich Geile an Sex ist doch, dass es eine Sache zwischen Menschen in einem außerordentlich erregten Zustand ist, in dem man jegliche Impulskontrolle verliert. Dirty Talk ist sehr erregend und für mich ein sicheres Zeichen dafür, dass man gerade aus seinem Anzug oder seinen Alltagsfesseln geplatzt ist. Je härter die Fesseln, desto befreiender und wilder der Entfesselte. Um es mal ganz klar auszudrüclen: Je größer der Druck im Arsch, desto krasser das Gefühl beim Scheißen. Ich kann Deiner Theorie also nicht wirklich zustimmen.
P.S.: Wenn ich wütend bin, benutze ich oft solche Wörter. Die Kontextbedingung ist aber dann eine andere, versteht sich.
Die Verbalerotik, die Lust am Wort…
Früher war es mir unendlich peinlich solche Wörter in den Mund zu nehmen.
Bis ich ungefähr 22 wurde und einen Mann kennen lernte der darauf völlig abfuhr. Ich war sprachlos, als er mir mit direkten Wörtern sagte was er wollte, wie er mich sah…
Ich lernte aber mit diesem Mann auch was Sexualität ist, lernte meinen Körper kennen.
Und wenn ich zurück blicke: Früher wars eben Blümchensex.
Genauso offen, wie ich Heute die Wörter Schwanz, Pussy, ficken oder blasen in den Mund nehme ist auch meine Sexualität geworden.
Und je selbstbewusster ich diese Wörter benutzte umso selbstbewusster wurde ich im Bett.
Von daher kann ich der These nur zustimmen.
Ich bin ne Sau was solche Wörter angeht, mache heute Männer damit kurzzeitig sprachlos.
Und ich genieße es!
Das Miststueck
Genau das ist es was ich meine, Miststück! -strahl-
ich glaub irgendwie, dass schwule sehr viel leichter über sex reden mit diesen worten offener umgehen als heterosexuelle… keine ahnung
Aus gegebenen Anlass nehme ich alles bisher gesagte zurück und behaupte das Gegenteil *g*
Durfte mir grade wegen meinem Blog anhören, dass ich „bei romantischen Texten von Po und Hintern schreibe und, wenn es zur Sache geht vom Arsch rede“
So wie es aussieht hat es wohl einen Zusamenhang.
Das find ich jetzt gut, Elidea, zeugt von rerflektierender Größe, damit hierher zurückzukehren 🙂
Hey, so solltest du mich mittlerweile kennengelernt haben. Ich bin zwar manchmal ziemlich kindisch in meinen Reaktionen, aber ich bin lernfähig. Immer noch. *stolzgrins*