Im Zusammenhang mit dem durch d?nische Karikaturisten ausgel?sten Skandal um Verbalhornung Mohammeds wird immer lauter eine Front h?rbar, die sich um eine radikale Interpretation der Presse-Freiheit schart (allen voran die NeoCons bzw. NeoLibs, btw). Dazu ein paar Worte von mir:
Da wird etwas wesentliches 'vergessen' bei dieser – soll ich sagen 'antiislamistischen Hetzkampagne'? Etwas fundamentales, dass untrennbar mit Grundrechten wie der Presse- und Meinungsfreiheit verbunden ist:
Die Verantwortung im Umgang mit Grundrechten. Denn jedes Grundrecht ist auch eine Verpflichtung, dieses verantwortungsbewusst zu nutzen. Es gibt keine Rechte, die nicht auch zugleich eine Pflicht sind.
Und diese Karikaturen beleidigen nicht nur den Fundamentalisten, nein, sie beleidigen auch den 'einfachen' Moslem von nebenan – genauso wie Christen bei uns durch eine Verunglimpfung von Jesus, Maria oder Gott beleidigt reagieren und es auch schon zu Unterlassungsurteilen in Deutschland kam, weil ein gekreuzigtes Schwein den Unmut gl?ubiger Christen erregte.
Ich selbst bin hundertprozentiger Atheist – aber ich w?rde es mir nicht anma?en, so auf den Gef?hlen und Grund?berzeugungen anderer herum zu trampeln, wie es diese d?nischen Presseleute, aber auch deutsche Redakteure zB der BILD immer wieder tun. Denn ich habe Stil, und bin mir auch der mit meinen Rechten verbundenen Sorgfaltspflichten bewusst.
Freiheitsrechte sind keine Freischeine f?r ungehemmte assoziale Egozentrik oder r?cksichtslose (verlags-)wirtschaftliche Bereicherung.
Ein sehr heikles Thema sprichst du hier an. Zunächst mal der Link zu den 12 Karikaturen, damit man weiß, worum's geht:
Face of Muhammed
So weit ich das beurteilen kann, handelt es sich hier um eine politische Auseinandersetzung 12 verschiedener Künstler mit dem Islam. Dies als Herumtrampeln auf den Gefühlen und Grundüberzeugungen anderer zu betrachten, halte ich für reichlich überzogen. Wie kleinlich und intolerant ist denn diese Religion, wenn sie nicht mal mit Kritik in Form von Karikaturen klarkommt. Anstatt sich damit sachlich auseinandersetzen, riefen islamistische Gruppen zum Mord gegen Journalisten dieser Zeitung auf. Was widerum die Meinungen der Künstler vollends bestätigt.
Ich weiß nicht, ob es richtig ist, von seiner freien Meinungsäußerung keinen Gebrauch zu machen, nur auf Rücksicht auf das Wertesystems einer Religionsgemeinschaft, die sich in ihrem gesamten Einflussgebiet höchst politisch engagiert.
Deinen Worten zufolge, wäre es vor der Machtergreifung Hitlers wohl auch nicht richtig gewesen, das Nationalsozialistische Gedankengut zu karikieren, aus Angst, es könnte die Extremisten und natürlich auch die kleinen Leute von nebenan erzürnen. Diesen Vergleich ziehe ich absichtlich, denn schließlich hat erst kürzlich, nicht irgendein islamischer Politiker, sondern der iranische Präsident, dazu aufgefordert, ein ganzes Volk auszurotten.
So lange eine Religion sich nicht politisch heraushält und sich nicht von ihren Politikern aufs Schärfste distanziert, muss sie jederzeit mit Kritik jeglicher Art zurechtkommen. Und ich habe auch große Achtung vor den Künstlern, die sich hierdurch in allergrößte Gefahr begeben. Meine Meinung!
Der Link funktioniert nicht, ich probier's nochmal:
Face of Muhammed
oder: http://face-of-muhammed.blogspot.com
Hedo, auch Du versuchst den Islam auf dessen Fundamentalisten zu reduzieren – dabei bilden diese nur eine sehr kleine Minderheit! Oder willst Du etwa mit den Machenschaften des Vatikans, der Scientology, der Zeugen Jehovas und anderen identifiziert werden, nur weil Du in einem christlich-westlichem Kulturkontext stehst?
Wir reden hier über Toleranz der Kulturen, und die besteht nicht in der Durchsetzung hiesiger Selbstverständlichkeiten weltweit wie es manche postulieren sondern in der Akzeptanz, im Respekt fremder Regeln – und gerade die Bildsprache im Islam ist eine ganz eigene Sache, ein sehr empflindliches Tableau. Zum einen versteht die islamische Welt das Stilmittel Karikatur nicht, sieht es nur als beleidigende Waffe, als Diffamierung (und setzt es teilweise selbst als eine solche Waffe ein). Zum anderen ist gerade die bildhafte Darstellung religiöser Themen eigentlich verboten, ein unerhörtes Tabu.
Der Westen schafft es also, mit diesem Stilmittel in mehr als nur ein sehr tiefes Fettnäpfchen zu treten und schreit dann ob dieser seiner eigenen Intoleranz (aus Unwissenheit, Aus Ignoranz?) laut nach der Toleranz derer die sich darüber schockiert zeigen. Und das sind nicht (nur) die Fundamentalisten sondern in ihrer Masse viel wichtiger die grosse, schweigende gemäßigte islamische Gemeinde – die auch zugleich eine Vielfalt verschiedenster (aber in dieser Hinsicht homogener) für den selbsternannten westlichen Toleranten zu tolerierende Kulturen darstellen.
„Hätten die Aufklärer der Vergangenheit nicht den Mut aufgebracht, religiöse Gefühle zu verletzen, würden in Europa die Scheiterhaufen wohl heute noch brennen. Angesichts der sehr realen Gefahr, dass wir möglicherweise auf ein Zeitalter der Religionskriege zusteuern, brauchen wir deshalb in der gegenwärtigen Situation nicht weniger, sondern weit mehr religionskritische Stimmen in der öffentlichen Debatte. Die Zeiten, in denen weltanschauliche Offenheit religiösem Offenbarungswahn geopfert wurde, sollten endgültig vorbei sein!“
Deshalb:
„Keine Einschränkung der Meinungs-, Kunst- und Pressefreiheit aus Rücksicht auf religiöse Borniertheit! Für ein klares Bekenntnis zu den Werten von Humanismus und Aufklärung!“
Offener Brief/Petition der Giordano-Bruno-Stiftung
Ich gehe fest davon aus, Hedo, dass Du den Unterschied zwischen Kritik und Beleidigung auch in seiner Wirkung auf die damit Angesprochenen sehr gut kennst… 😉
Ich erkläre mich klar zu Humanismus und Aufklärung, das weißt Du, bin auch äusserst religionskritisch in Wort und Schrift – muss aber deswegen nicht Andersdenken (wenn ich wirklich ernsthaft Veränderung bewirken will) höhnisch ins Gesicht lachen.
Als Titelbild veröffentlichte «Charlie Hebdo» eine eigene Karikatur. Sie zeigt unter der Überschrift «Mahomet débordé par les intégristes» (Mohammed überwältigt von den Fundamentalisten) den Propheten mit Turban. Mohammed schlägt die Hände vor den Kopf und knurrt mit zusammengebissenen Zähnen: «C'est dur d'être aimé par des cons» (Es ist hart, wenn man von Idioten geliebt wird).
Ich denke, das trifft die gegenwärtige Situation perfekt und vor allem in Anbetracht der bisher bereits stattgefundenen Eskalationen.
Ob ich den Unterschied zwischen Kritik und Beleidigung genau so scharf ziehe wie du, weiß ich nicht, das bleibt wohl eher subjektiv. Aber, meinst du, die Künstler wollten mit ihren Karikaturen irgendwem „höhnisch ins Gesicht lachen“?
Im Falle von einer Karikatur lässt sich das prima aufzeigen:
Die Bildung der Konturen des Antlitz' Mohammends allein mit der ständigen Wiederholung des (von mir hier frei nachformulierten) Satzes: „Ich darf mir kein Bild Mohammeds machen“
Was wollte der „Künstler“ damit uns sagen, wollte er damit etwa vordergründig die christlich-westliche Welt ansprechen? Ich interpretiere: Objektiv nein. Es sollte in erster Linie Moslems treffen, um erst in zweiter Linie christliche Schadenfreude nach sich zu ziehen (»guck mal, wie rot der im Gesicht wird *lach*«)
Ich fände es, um Dein Beispiel aufzunehmen, einer Zeitung des christlich geprägten Kulturkreises eher angemessen, erst mal auf den eigenen Scheisshaufen zu zeigen und solche eine Karrikatur mit einem Bildnis des hiesigen Gottes (hier ebenso ein Sakrileg für Chisten) abzielend auf Kirchenräte und den Vatikan auf der Titelzeile abzudrucken. Aber das würde ihr eine Menge hiesiger Proteste einbringen und den Verlust großer Teile ihrer Leserschaft mit sich bringen. Ein absolutes NoDo, gesellschaftlicher und wirschaftlicher Selbstmord – während die Abbildung dieser Karrikatur steigende Einnahmen und wachsende schadenfreudige (Rassisten-)Leserschaften erbrachte.
Da siegte also mal wieder Kommerz über moralische Gerechtigkeit.