Märchen-Haft

Fast alle Grimm'schen M?rchen sind eigentlich Parabeln, Sinnbilder f?r Lebenssituationen meist heranreifender Menschen. Dornr?schen, Rotk?ppchen und Schneewittchen zum Beispiel stehen f?r die m?dchenhafte Pubert?t bis zur Ehe, zeigen die 'Fallen' auf, denen ein junges M?dchen auf diesem Weg gestellt sind und belehren sie dar?ber, warum sie vor sich selbst gesch?tzt werden muss in den Augen der ihre Tugend bewachenden Eltern und der Gesellschaft. Blut, die Farbe rot und Schmerzen durch vergiftete ?pfel zum Beispiel stehen f?r Menstruation und auch Entjungferung, Glassarg bzw. Schlaf, Turmzimmer, Dornenhecke, Barriere Wald f?r die Zeit der Einsperrung zwischen erster Menstruation und vollzogener, geduldeter, standesgem?sser Verm?hlung (mit Hochzeitsnacht), die Hexe, Grossmutter sinnbildlich als moralische Mahnerin der Gesellschaft, Mutter und Stiefmutter in Personalunion f?r die erst liebevoll beh?tende Freundin, dann aber mit Einsetzen der Pubert?t verbietende, restriktive Moralh?terin, der Wolf f?r den kopfverdrehenden sch?ndlichen Verf?hrer (also ich *grins*) und der J?ger oder Prinz als der Wunschgemahl der Eltern, der zu guter letzt Blut verspritzen darf mit dem Segen aller etc. pp. Es gibt praktisch kein einziges Element egal welchen M?rchens, das nicht solch eine Art der einschl?gigen Symbolik aufweist.

Da gibt es wirklich sehr spannende B?cher dar?ber 🙂

Und die Moral von der Geschicht': Denkt dran wenn ihr solche 'harmlosen Geschichtchen' Euren Kindern vermittelt. Denn solche Moral-Schemata werden sehr wohl als Lebens-Richtlinien von Euren Kindern verinnerlicht! Unter anderem werden so auch emotionale Bl?cke wie die Eifersucht, ein in dieser Form rein sozialisierter, keineswegs angeborener (!) Komplex, oder die Angst vor dem Ersten Mal in unsere Kinder (wie auch in unserer Kindheit in uns selbst) hineingetragen und keiner kann sich dann erkl?ren woher sie kommen…

M?rchen waren fr?her Geschichten von Erwachsenen f?r Erwachsene – denn damals haben jene verstanden um welch starke Droge es da eigentlich geht.

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21 Gedanken zu “Märchen-Haft

  1. Ich war vollkommen immun gegen Märchen. Fand ich langweilig. Konnten mich also nicht verderben. Ganz im Gegensatz zur Knute der Katholischen Kirche… Aber die durften mich auch schon ziemlich bald wieder am Arsch lecken, diese Priester 😉

  2. die ham eh nur märchen geschrieben, weil sie in ihrer uni rausgeflogen sind, die hatten einfach nix zu tun, deshalb mussten sie ja irgendwie nachhaltig in die geschichte eingehen. nich ganz ernst gemeint, aber es ist wirklich was wahres dran.

    wer hat angst vor dem bösen wolf?

    ich nicht!

  3. lips, sie haben auch ein wörterbuch geschrieben. kamen aber nur bis fructus.

    was ich schade finde, ist das märchen für kinder geändert werden. bei rotkäppchen im original gewinnt soweit ich weiß nicht der mensch, sondern der wolf. aber das wäre für kinder zu brutal.

    auch so dinge wie die metamorphosen von ovid kann man so auslegen. beispiel orpheus und eurydike: nach der hochzeit der biss der schlage als entjungferung, schmerzhaft, nicht unbedingt gewollt. der tod im hades steht für die flucht nach hause. orpheus möchte seine frau wieder, doch die eltern beschützen sie und er muss singen, um sie zu besänftigen. also vielleicht versprechungen machen. sie geht mit, doch er verhält sich falsch und eurydike flüchtet. moral: verhalt dich richtig, sonst kommen nachher die mänaden, anhängerinnen des dionysos, und zerreissen dich ^^

    ja, sowas macht man in latein ^^ gleich nach militärstrategien mit cäsar ^^

  4. Ja, manch Märchen wurden zur Verstärkung des „moralischen Zeigefingers“ in die Kinderwelt zur „Erziehung“ integriert. Ganz subtil und verwerflich wird das vor allem auch beim „Struwwelpeter“, dem „Suppenkaspar“ oder „Hans guck in die Luft“ des Frankfurter Arztes Heinrich Hoffmann (alias Reimerich Kinderlieb). Nicht umsonst waren seine Bücher zwischen 36-45 und auch danach sehr beliebt bei Eltern …

    Aber es ist, wie es oft der Fall ist: Viele Autoren dieser Werke hatten traumatische Kindheitserinnerungen, die sie gern der Nachwelt auf diese Weise übergaben ;-).

  5. Du meinst wohl traumatische Gesellschaftserinnerungen, J. 😉 Aber über hunderte von Generationen? Ziemlich unglaubhaft…

    bonds, ich geb' Dir recht, allerdings ist die Symbolik in Märchen um einiges näher an einer realen Oberfläche, um einiges leichter zu übertragen auf die eigene Lebenssituation.

    Aber das Zerreissen durch die Mändaden (auch Bacchantinnen genannt) im Zusammenhang mit Dionysos dürfte wahrscheinlich eher als Synonym für 'quasi totgefickt' stehen im Rahmen der berühmt-berüchtigten Dionysien (Bacchanalien = wüsteste orgien ganz in meinem Sinne) *breitgrins*

    mousepotato, diese verlinkte Diskussion über für und wideer von besuchen bei Prostituierten ist eher ein wenig gequält, findest Du nicht? *lach*

  6. Bei Hoffmann sicherlich psychologisch manifestierte Kindheitstraumata, wie die Kritiker seiner Werke einstimmig feststellen. Bei Wilhelm Busch z.B. sind es sicherlich Gesellschaftserinnerungen auf ironische Weise verarbeitet …

  7. Klar – aber wir sprechen hier nicht über moderne Machwerke des 19. Jahrhunderts sondern über die Sammlung hisroischer Märchen durch die Gebrüder Grimm – das sind zwei völlig verschiedene Paar Stiefel, wie du ja weisst, J.

    Das zumindest Hoffman einen gewaltig an der Klatsche hatte ist kein Geheimnis. Aber dass das durch ein in der Kindheit begründetes Traumata sexueller Art geschah, halte ich für höchst spekulativ. Näher liegt da eine Kastration eines eigentlich freien Geistes durch eine erzkonservative, physische und psychische Gewalt anwendende familiäre Umwelt.

  8. Hoffmann => Aufmerksamkeitsdefizit.

    Ok – dann bleiben wir nicht bei Märchen generell, sondern bei den Brüdern Grimm: Warum sollten sie, wenn sie schon an einer Art „liberale Verfassung“ von 1848 mitgearbeitet haben, solche Symboliken in Märchen verarbeiten?

    Du liest grade Bücher aus der Zeit, stimmt´s ?

  9. *lach* Die Gebrüder Grimm haben diese Märchen zwischen der Atlantikküste und dem Balkan gesammelt und nicht geschrieben, J.! Sie haben lediglich mehrere Versionen, die es meist gab über den gesamten genannten Raum zu einer einzigen redaktionell fusioniert. Die Symboliken stammen nicht von ihnen, jene sind über einen Zeitraum von etwa 800 Jahren suksessiv hineingeflossen – und über ganz Europa gleichermaßen fast wortgetreu 🙂

  10. Ok – nochmals meine Frage, deren Antwort mich interessiert – sieh dies doch nicht als Kritik an Deiner Äußerung!:

    Warum sollten sie, wenn sie schon an einer Art „liberaler Verfassung“ von 1848 mitgearbeitet haben, solche Symboliken in Märchen verarbeiten?

  11. Malt ein Sammler auf seinen Briefmarken herum, J.? Nein, er löst sie höchstens vom Brief ab – und das sehr vorsichtig, um ihre Grafik nicht zu zerstören oder ihnen wichtige Zacken auszubrechen 😉

    Die Gebrüder Grimm waren wirklich nhur Sammler von Märchen, keine Autoren – allerhöchstens Lektoren. Und sie (er)kannten diese Symbolik wahrscheinlich überhaupt nicht, war doch zB die Psychoanalyse (inkl. der freudschen Sexualsymbolik) noch gar nicht erfunden…

  12. soweit ich weiß war orpheus, als sohn des apolls und einer muse, eher den beiden zugewandt und nicht den orgien. kunst, nicht ficken.

    ich denke auch nicht, dass orpheus nach dem verlust seiner frau, den er in wäldern alleine vor sich hinklimpern besang, so nach orgien war. was er da verloren hat war eine muse, eine schönheit. da wär ich auch traurig.

  13. Die Lust mit den Mänaden geschah ja auch nicht immer freiwillig – sie benutzten den Rausch des giftigen Efeus um ihre Opfer in einen (manchmal unfreiwilligen) ekstatischen Rausch zu versetzen. Die männlichen Geschöpfe (bis auf die Satyre) erlagen diesem Treiben, während die weiblichen den Tross der Mänaden erweiterten.

    Dionysos entjugendlichte dadurch ganze Landstriche, wenn er durch sie zog, denn er schätzte vor allem die Jungfräulichkeit. Aber auch so mancher Held und Halbgott fiel diesem Treiben zum Opfer.

    Der Rattenfänger von Hameln führt übrigens seine Wurzeln auf diese Aspekte des Mythos' zurück 🙂

  14. oO

    ich geb auf ^^“

    du weißt zuviel

    aber was alles im grunde genommen mit sex zu tun ist wirklich, wirklich interessant.

    hm, ich sollte nochmal das ende von venusneid lesen, jetzt verstehe ich, warum dass da so abläuft *lach*

  15. Ich suche übrigens schon seit fast zehn Jahren nach einer Quelle welche die Zubereitung diese Efeusuds beinhaltet – schliesslich war dieser verbürgt bis ins späte Mittelalter bekannt 😉

    Aber leider bisher vergebens. Und ein genaues Rezept ist unabdinglich, da Efeu im Regelfall eine stark toxische Wirkung hat und nur eine ganz genaue Zubereitung diese ekstatische Wirkung entfaltet ohne ernsthafte Folgen für Leib und Leben.

    Aber vermutlich wurden alle Quellen mit der Jagd auf die Hexen entweder vernichtet oder schlummern nun (was noch wahrscheinlicher ist) in den Katakomben des Vatikans…

  16. auch eine Interpretation der Märchen.

    Was aber, wenn es sich gar nicht um den Menschen dreht, sondern schlicht um Naturgegebenheiten, die in solche Gewänder gehüllt wurden?

    Bevor das Christentum einzog, bekamen Naturgegebenheiten göttliche Gesichter um sie verständlich zu machen, und auch, um sie gebührend zu ehren. (man kann da also dann doch von einer „vermenschlichung der natur“ reden)

    Schauen wir zum Beispiel auf die Artussage:

    auch da scheiden sich bei der Symbolik die Geister.

    Es gibt Leute die behaupten, daß es da im Grunde um nichts anderes ginge, als den immerwährenden Kreislauf des Lebens, daß also Artus den Winter darstellt, Lancelot den Frühling und Ginevra die Erde (ganz vereinfacht dargestellt). Sie wendet sich in dieser Sage ja Lancelot zu, sprich:

    die Erde wechselt aus ihrem Winterschlaf zu dem Frühling (dargestellt durch den Beischlaf).

    nur mal so als Denkanstoß zu einem weiteren Blickwinkel zu dem Thema Märchen

  17. noch was: wenn in einem Märchen der Ritter den Drachen besiegt, kann das auch verschieden betrachtet werden:

    zum Beispiel nach dem Motto „only the strong survive“

    das also alles Leben einer Prüfung unterzogen ist, und sich nur das Beste durchzusetzen vermag.

    Und das wird dann mit Wachstum belohnt (wieder der Beischlaf *gg*)

    hach ich muß mich bremsen, ich liebe solche Themen und komme dann schnell von Höckschen auf Stöckschen

  18. Klar gibt es auch in Legenden und Mythen solche Symboliken, auch wenn diese ersdt einmal grundsätzlich eine andere Funktion bzw. Intension haben als Märchen. So wie auch Fabeln in eine ähnliche, aber doch diferente Richtung zielen.

    In erster Linie werden in den ersteren geschichtliche Ereignisse transportiert, verwoben mit märchenhaften Elementen und Naturgottfragmenten welche mit der Zeit hinzugefügt wurden. Wogegen bei den letzteren eher Lebensweisheiten denn moralische Regeln im Mittelpunkt stehen.

    Das Märchen nimmt inmitten dieser literarischen Gruppe schon einen ganz eigenen Platz ein, man muss sich hüten, da zu sehr zu vermischen 😉

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