?We humans fear the beast within the wolf because we do not understand the beast within ourselves.?
Gerald Hausman, Turtle Island Alphabet
Verteufelt als blutr?nstig und kannibalistisch, tritt der Werwolf jedoch fast immer als m?nnliche Gestalt auf und jagd seine nicht brav im Haus, im Bett verweilenden einsamen Opfer in der schlaflosen, weil mondhellen Nacht – seine weiblichen Opfer. Denn er ist nicht blutr?nstig, er ist erotoman und sein 'Blutzoll' ist die Lust.
Er ist kein Wesen im Kampf gegen eine scheinbare perverse Natur sondern ein Mensch im Kampf gegen seine sexuelle Sozialisation, gegen die Domestizierung der in ihm lauernden Triebe. Er ist das Symbol der Auflehnung unseres Innersten gegen eine asexuelle Moral, die Offenlegung unseres ganz tief unten versch?tteten – aber starken – woll?stigen Animalismus.
Der Werwolf ist die Inkarnation des uns innewohnenden Drangs und Rufs nach Freiheit unserer ungeregelten, entfesselten Begierde – der Begierde nach dem Kampf mit dem Geschlecht, unserer libidin?sen Handlungsfreiheit.
Wie verf?hrerisch ist es doch in unserer Welt, die vielen Regeln wenigstens zuweilen beiseite zu fegen und frei auf die Jagd mit echtem T?ter und echtem Opfer gehen zu k?nnen bzw. wehrlos dem Tier zu unterliegen, sich ihm bedingungslos hinzugeben…
E Nomine: Das Tier in mir
„wenigstens zuweilen“?
G:: Diese Redewendung irritiert mich jetzt an Dir. Ich kenne Dich kompromissloser. Wirklich!
„Driven by human nature“ – den Begriff find ich irgendwie besser, als „Animalismus“. Er läßt mehr Freiräume für den Geist, der – wie jeder weiß – auch manches sinnvoll reflektiert. Ja, ich halte mich nicht unbedingt für einen Primaten 😉
*lach* Ich bin weder ein Lenin noch ein Guevera – Kompromisse sind durchaus ein Element auch meines Lebens, J. 😉
Wenn ich nun den intentionalistischen Unterschied betrachte zwischen „Animalismus“ und „menschlichem Naturtrieb“ – dann wird auch klar, warum ich „wenigstens zuweilen“ sage: Ich will ja nicht das Tier zeitlich unbegrenzt die Überhand gewinnen lassen, sondern ihm 'nur' innerhalb des Freigeheges periodisch den auch für eine gesunde (weil freie) Menschlichkeit notwendigen Platz wieder einräumen. Zumindest was den ursprünglichsten, ergo animalistischsten Wesenzug unseres Daseins angeht: unserer gelebten Sexualität.
Utopia I: Menschen schauen sich in die Augen, erkennen die gegenseitige Lust und lassen ungeachtet der Umstände alle Leinen los – ohne wenn und aber.
Utopia II: Ein Mensch erkennt offen und sexualmoralisch unbeschränkt seine Lust und sucht ohne Angst vor sozialer Repression freudig aufjauchzend Utopia I. – und sei das im Singletreff, im Swingerclub oder in der beliebig willkürlich ad hoc stattfindenden Sonnwendfeier, der Bacchanalie, der Orgie.
Solche Menschen könn(t)en Halleluja singen ob ihres dann wirklich humanen und humanistischen Daseins.
(Btw: Keine Lust, im Sex auch mal der Primate in Dir zu sein!? *grins*)
Es gibt Frauen, die mein Primatengeschrei schon vernommen haben, mein Lieber. Nicht jetzt hordenweise, aber vereinzelt schon, ja 😉
Ich bleib trotzdem beim Begriff „menschlichem Naturtrieb“, wie Du es nennst oder „Driven by Human Nature“, wie ich es nenne. Er läßt mir inhaltlich wie rhetorisch weit mehr Spielräume *lach* – und bindet vor allem kognitive und soziale Aspekte mit ein, die für mich der Begriff des Animalismus gar nicht kann. Nicht, daß Tiere nicht sozial wären – nein – aber ich sehe den Menschen trotzdem komplexer.
ja, stimmt, der Mensch hat sich zu einem widersprüchlicherem – und dadurch innerlich zerissenerem – Wesen selbst gemacht als es jemals ein Tier sein kann. Denn er hat die Gabe, „rationell“ gegen seine eigene Natur zu handeln.
Aber sind diese Widersprüche gegen die menschliche Natur dann noch Teil dieser Natur – oder ist sie dann nicht vielmehr deren darüber hinausgehende Pervertierung?