Prägung sexueller Vorlieben

Oder auch: Die persönliche Traumfrau

Ein Gedanke, den ich schon lange wälze, der mich tief bewegt und – ja, sogar mein Leben, mein Verhalten und mein Ich nachhaltig verändert hat und weiterhin bestimmt.

Die Vergangenheit lässt sich nicht zurückholen – sie lebt jedoch in der Gegenwart und in der Zukunft weiter. Und das bisweilen auf völlig unerwartete Art und Weise…

Ein jeder Mensch hat so seine Schönheitspräferenzen, seine 'Eyecatcher', auf die seine Sinne anspringen, seine Libido in Alarmbereitschaft versetzt wird. Emotionen in ihm geweckt werden als hätte man bei ihm auf einen imaginären Knopf gedrückt. Das mögen Äusserlichkeiten wie Körpermerkmale, -silhouetten, Stimmen oder Kleidung sein oder auch Verhaltensweisen wie ein Gang, ein Lachen oder ein Blick. Last but not least Einstellungen zur Lust, zur Sexualität, zur 'sexual offense' und vieles andere mehr. Oder auch die spezielle Art des Auslebens der Sexualität zweier Menschen.

Was mir nun seit etwa einem Jahr schwere Gedanken bereitet ist, dass diese Präferenzen auch nach Jahrzehnten Stabilität sich extrem verändern, ja sogar in einigen Punkten in ihr Gegenteil kehren können. Schlagartig. Unerwartet.

Auslöser dazu war die seit meiner Frau intensivste Innigkeit, größte Emotionalität und Öffnung meines Inneren einem anderen Menschen gegenüber in meinem bisherigen Lebens.

Gemerkt habe ich diese Verschiebungen, ja bisweilen Umkehrungen ins Gegenteil aber erst so richtig im Laufe des letzten halben Jahres.

War ich zuvor zum Beispiel insbesondere angezogen von brunetten Frauen, Birnenhintern und möglichst dunklem Schamhaar, also eher einem südlichen Frauentyp, so habe ich heute fast schon eine Fixierung auf blond entwickelt, und das obwohl mir zuvor blonde Frauen äusserst suspekt waren aus vielerlei Gründen. Auch spielten bis vor einiger Zeit große Frauen und Apfelhintern eher selten eine Rolle in meinem Leben – und heute ist das umgekehrt.

Ich habe auch seit geraumer Zeit aus demselben Anlass eine Art der spontan-animalisch-'schmutzigen' Sexualität entwickelt, welche sich grundsätzlich unterscheidet zu früher. Und emotional springe ich nun auf Frauen an, welche mit mir dreckig lachen können, für die atm, das Verschmieren von Menstruationsblut oder im hohen Bogen beim Sex zu spitzen/pissen, Arschficken bis zum Ezess keine Fremdhandlungen sind und Säfte-Gerüche-Geschmäcker ebenso saugeil finden wie ich selbst.

Fast hätten mich diese Veränderung meine Leidenschaft zu meiner Frau gekostet, ja, sie war sogar zeitweise verschwunden – und das obwohl ich 16 Jahre lang jedes Mal einen Ständer bekam wenn sie sich auch nur nackt auszog um sich etwas anderes anzuziehen! Das war ein echter Schock… aber meine Libido sie betreffend ist wieder im Entstehen. So komisch es auch klingen mag, ich arbeite daran, auch sie wieder so richtig geil zu empfinden, selbst wenn sie meinen heutigen Präferenzen in sehr vielen, wichtigen Punkten nicht mehr entspricht.

Aber es gelingt, zum Glück, es geht wieder aufwärts! Ich baue sozusagen künstlich zwei parallele Schönheitsideale in mir auf, eine 'alte', wiedererweckte und eine neue – und das ist nicht leicht, das kann ich Euch sagen…

Aber leider bleiben dabei auch schmerzhafte Lücken, Bedürfnisse bestehen, für die ich mit ihr keine Befriedigung, keine Erlösung (mehr) finde. Der Sex mit ihr deckt nun weniger meiner Bedürfnisse ab als zuvor – weil diese meine sich vorher weitestgehend mit den ihren deckten und nun eben nur noch in Teilen…

Eine kuriose Situation: Zum ersten Mal in unserem mittlerweile 17-jährigen Beisammensein sage ich öfter Nein, wenn sie ihre momentane Lust auf mich zum Ausdruck bringt als es umgekehrt geschieht. Das ist hart für sie aber auch für mich. Und ich schaffe es nicht, ihr die Gründe dafür in vollem Ausmaß einzugestehen. Es hat ja auch eine ganze Weile gedauert, ehe ich es mir selbst in diese Tragweite eingestehen konnte, es mir in dieser Klarheit bewusst wurde.

Dabei läuft es bei uns ansonsten so richtig gut, meine Zuneigung zu ihr und die ihre zu mir hat wieder ein schon seit langer Zeit nicht mehr so inniges und warmes Niveau erreicht, wir sind ansonsten glücklich miteinander, lachen viel und neigen uns unsere Herzen zu.

Ach, es könnte so schön, so perfekt sein… Aber gut Ding willl Weile haben 🙂

Nun, ich denke, die Veränderungen in mir sind nachhaltig, das Rad lässt sich nicht mehr ganz zurückdrehen, das kann ich nun mit Gewissheit sagen. Jetzt fragt sich nur, wie ich in Zukunft damit umgehe, wie ich gedenke, diese meine anderen für mich elementaren Bedürfnisse auszuleben. Eine große Sehnsucht ist da nach deren Auslöser. Aber zugleich auch die Einsicht in die offensichtliche Unmöglichkeit, die Vergangenheit zurückzuholen.

So bin ich denn nun ein Suchender weil sich Sehnender geworden, ausgerechnet der, welcher zuvor eigentlich immer ein gefundener, ein Ersehnter war.

Und da sag noch einmal einer zu mir, Menschen könnten sich nicht ändern. Verdammt…

-> Wichtiges<

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22 Gedanken zu “Prägung sexueller Vorlieben

  1. Wow.

    Mein Respekt, dass du 1. dich getraut hast diese Gedanken in Worte zu fassen und es noch zu veröffentlichen. Und 2. bewundere ich es sehr, dass du nicht aufgibst sondern um euch beide kämfst.

    Ist in der heutigen Zeit selten geworden.

    Ich drück euch die Daumen, weil ich euch auch viel zu gern hab.

    Liebe Grüße

    Elidea

  2. Danke Dir ganz herzlich!

    Hab auch gut zwei Monate gebraucht, um Gedanken zu fassen und Worte zu finden. Und bin jetzt noch nicht der Meinung, die wirklich richtigen Worte gefunden zu haben. Aber heute war ein richtiger Tag dafür.

  3. Es ist immer jemand da, der zuhört. Leider habe ich aus einer ähnlichen Situation nicht den gleichen Ausweg gefunden. Meine Sehnsüchte waren so unstillbar verankert und neu verknüpft, das es meinen neuen Weg eigeläutet hat. Ich drücke Dir die Daumen, das Du beides, Deine Lust und Deine Frau, vereinen kannst

  4. Wenn Träume wahr werden….

    ein Buchtitel, Jugendbuch mit relativem Ende, aber es hat viel wahres im Inhalt.

    Warum das Rad zurückdrehn? Warum nicht mit 2 Rädern leben? Es gibt sicherlich vieles was man im Lauf der Zeit dazu „bekommt“. Das Gefühl und die Liebe zu Deiner M. ist einzigartig wertvoll, selbst wenn Du in manchen Dingen einen anderen Weg wählst, so lange Dein bzw. Euer Hauptweg ein gemeinsamer ist, kannst Du und M. so oft Abstecher nehmen wie Ihr wollt. Wichtig ist das Ihr Euren gemeinsamen Weg nie ganz verlasst. Dazu gehört viel Kraft, viel Reden noch mehr Vertrauen und das Wissen und Fühlen, das der Andere weiss zu wem er gehört – sicherlich nicht immer einfach, aber es geht ich weiss das gaaaaaanz sicher .

  5. hallo gerd, ich drücke dir und deiner frau die daumen, aus eigener erfahrung weiss ich, das vieles gerade läuft und manches auch krumm. ich bin selber nicht besser dran als du und kann deine situation sehr gut verstehen. ich hoffe wir sehen uns mal wieder. ich bin zur zeit selber abgetaucht, weil bei mir auch nicht alles gerade läuft. also alles gute. die nächste fete kommt bestimmt.

  6. @ Promisc

    ist es nicht oft so, das man das sucht, was man nicht hat? Es ist ja nicht nur so, dass es den/die ideale(n) Traumfrau/mann nicht gibt sondern – wie Du selber so schön beschreibst – Präferenzen ändern sich im Laufe der Zeit…

    Das Du hier so offen über diesen Wandel und die damit verbundenen Probleme schreibst – Chapeau! Vielen anderen geht es sicherlich ähnlich wie Dir und ignorieren dies anstatt offen darüber – auch mit dem Partner – zu sprechen.

    Es ist ja bei mir nicht anders… in den letzten 20 Jahren habe ich mich – auch was meine Sexualität betrifft – stark verändert. Was für mich z.B. als Teenager spannend war ist heute langweilig. Während ich früher nur Sex wollte, versuche ich seit einigen Jahren meine sexuellen Grenzen zu testen, teilweise auch zu überschreiten. Im Rahmen dieser Entwicklung hat sich auch mein Menschenbild verändert. Nicht nur was die körperlichen Reize betrifft sondern auch hinsichtlich der emotionale Einstellung des bzw. der Partner/in.

    Ich habe es selbst bereits erlebt, wie man zwei Leben lebt und irgendwann stellt man fest, dass man die letzten Jahre nur noch parallel nebeneinander her gelebt hat. Ich beneide Dich etwas, weil Du Dir dessen frühzeitig genug bewusst geworden bist. Ich hatte diese Erkenntnis vor langer Zeit viel zu spät, meine Beziehung war… Nein – nicht kaputt – sie existierte einfach nicht mehr.

    Wir hatten uns damals – jeder für sich – weiter entwickelt, neue Befriedigungen gesucht und entdeckt und uns verändert. Die Person, die ich fünf Jahre zuvor kennen gelernt habe, existierte nicht mehr und auch ich war nicht mehr der Mensch den sie damals kennen und lieben lernte.

    Nun… ich wünsch Euch beiden das Beste, Du bzw. Ihr werdet schon den richtigen Weg gemeinsam finden. Und Suchen, lieber Promisc, werden wir alle wohl ein Leben lang… 😉

    LG

    Sascha

  7. Dieses alte Gefühl der Verliebtheit und der bedingungslosen sexuellen Hingabe an die eine Frau, an die eine Liebe, an die Eine wirst Du tatsächlich nie wieder zurückerlangen. Ich hätte sagen können: Das ist schade für Dich. Aber leider spüren Frauen das sehr schnell und es macht sie unglücklich.

    Mindestens aus diesem Grund lehne ich solche „Streunereien“ mit anderen Frauen und Männern total ab. Andere Gründe gibt es alle mal. Letztendlich hast Du Dich und Deine Frau zumindest zeitweise (wenn nicht für immer) der Möglichkeit beraubt, innigste, vertraute Liebe mit 100% erfüllender Sexualität zu vereinbaren.

    Für Dich war's das vielleicht wert. Aber für mich wäre das hier eine Katastrophe.

  8. Lucian! Ein Lebenszeichen!

    Du, ich hab mir schon so einiges gedacht hinsichtlich dessen, was Du nun für Dich (respektive: Euch) andeutest. Und bin der feslenfesten Überzeugung, dass wir beide uns unbedingt so bald wie nur möglich auf ein Bierchen zusammensetzen müssen.

    Bitte melde Dich bei mir, bevor ich am Sonntag in einer Woche von Sardinien zurückkehre.

    Keine Ausreden!

  9. Nun, Sacha, ich danke Dir ebenfalls für dieses offene Bekenntnis. auch wenn ich zwischen Deiner und meiner Situation zwar Parallelen entdecken aber mich trotzdem nicht des Güfühls erwehren kann, dass wir beide da Äpfel und Birnen vergleichen – auch wenn die Unterschiede zwar nur marginal erkennbar jedoch elementarer Natur sind. Das liegt vielleicht daran, das ich mir dessen, was Du erlebt hast und nun schilderst stets bewusst war und deswegen nicht in dieselbe 'Falle' tappte. Aber dafür eben in eine andere mit durchaus vergleichbaren Folgen, wäre da nicht meine durch dafür offene Augen geschärfte Sensibilität für solch eine Situation, welche mich nun wie es aussieht noch rechtzeitig intervernieren lässt…

  10. Chérie, ich befürchte, Du bist da völlig auf dem Holzweg. Solche sexuellen Verschiebungen finden gerade in treuen Beziehungen umso früher, leichter und überraschender statt. Denn dort werden sie von etwas genährt, was uns noch viel leichter verändern lässt: Unsere ausufernde Fantasie, unsere ungestillten Wünsche, das ausschließliche Linsen über den Zaun zum vermeintlich glücklicheren Nachbarn mit den vermeintlich süßeren Früchten.

    Treue ist eine (be-)trügerische Hoffnung und Monogamie entsprechend der Monokultur in der Natur stets ein besonders guter Grund für Krankheiten!

    Nein,Chérie, da widerspreche ich Dir vehement: In meinen Augen ist das, was Du da abschätzig 'Streunereien' nennst keineswegs der Grund dafür, dass das nun jetzt so kam – sondern vielmehr der Grund dafür, dass das erst jetzt so kam.

    Zeig mir eine einzige monogame Beziehung in der 17 Jahre lang das Begehren auf die Frau so deutlich anhielt (Und durch so manche Liebschaft neues Futter bekam!) wie bei mir und ich drücke diesen beiden Menschen anerkennend die Hände… denn sie sind die wirklich seltene Ausnahme.

  11. Hm, „Treue ist eine (be-)trügerische Hoffnung und Monogamie entsprechend der Monokultur in der Natur stets ein besonders guter Grund für Krankheiten!“ ist sie das wirklich ?

    Die Frage in dem Zusammenhang was ist Treue? Geht man von rein körperlichem aus – jepp dann warst Du untreu, aber das ist mir zu einfach. Treue hat für mich/uns eine ganz andere Ebene und mit Körperlichkeit überhaupt nur das zu tun, das eine „Tat“ die verheimlicht wird, Untreue bedeuten würde – es wäre eine Lüge.

    Das Auseinanderleben auch im sexuellen findet überall statt ob in Mono, Poly oder wie auch immer die Schubsladen sich nennen. Wichtig ist doch das man sich auf die Gemeinsamkeit bezieht und selbst wenn man sich gegenseitig doch verletzen sollte den Weg wieder findet.

    Ihr kennt Euren „Wert“ wisst was Ihr voneinander habt, letztlich ist die Frage ob für Euch genau das an 1. Stelle steht und Ihr Beide dazu bereit seid, gemeinsam weiter zu gehen.

    Ich bin der festen Überzeugug, weiss es aus eigener Erfahrung, das es geht, gerade auch im sexuellen Bereich der eben nicht nur die Körperlichkeit bedeutet.

    Gruß

    J

  12. @ Promisc & Penes-Eum

    Hat „Treue“ überhaupt etwas mit Monogamie zu tun bzw. muss man diese „Treue“ wirklich mit sexueller Enthaltsamkeit gleichsetzen?

    Treue bedeutet doch nichts anderes, als „die Verlässlichkeit eines Akteurs gegenüber einem anderen, einem Kollektiv oder einer Sache. Sie basiert auf gegenseitigem Vertrauen und/oder Loyalität.“

    Meiner Meinung nach kann man selbst in einer offenen oder polyamouröse Beziehungen dem oder den Partnern „treu“ sein, sogar im klassischen, spießbürgerlichen Sinn. Denn nur weil man eine offene und/oder bi-/polyamouröse Beziehung pflegt, muss man dies nicht mit einem ausschweifenden Sexualleben (Streunereien) gleichsetzen.

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