Sinnlichkeit…

…liegt für mich auch in der Erkenntnis, dass das erotische Element nicht nur auf uns selbst und unsere Gegenwart beschränkt ist sondern ebenso eine historisch kontinuierliche Komponente besitzt, deren Kraft wir eigentlich zu oft verdrängen, nicht sehen (wollen). Wer stellt sich denn seine eigene Mutter, seinen eigenen Vater, seine Großmutter, seinen Großvater, seine Urgroßmutter… wirklich beim 'unanständigen', fleischestriebigen, sündhaften, gar unehelichen Sex vor? Haben wir nicht eigentlich überwiegend das Gefühl, dass Sinnlichkeit, Erotik, ja Pornografie und heimlicher Sex nach dem Clubbing auf dem Parkplatz oder im Auto vor dem elterlichen Haus des Mädchens etwas ist, was nur uns und heute betrifft und geschieht? Sehen wir nicht unsere Vorgänger als 'hoffnungslose', verklemmte, eingesperrte Romantiker an, nicht jedoch als wie wir von Trieben getriebene Menschen, die jederzeit im nächsten Swingerclub eine Rolle auf der Matte neben uns spielen könnten, ohne dass wir sie von uns unterscheiden könnten?

Es wird heute (wieder einmal) beklagt und bejubelt (ersteres von älteren, zweiteres von uns selbst), dass wir als die 'Jugend' ungezügelter seien, uns hemmungsloser den wilden Trieben ergeben könnten, gedankenloser wären als unsere Vorfahren, mit Sinnlichkeit und Erotik inflationärer umgehen als jede Generation zuvor.

Und jetzt stelle ich mir vor: dem ist gar nicht so! Wir sind vielleicht (nein, sicher!) sogar braver als manch lebenslustige Generation vor uns, die Teil unseres Fleisch und Blutes ist, auch in der langen Kette unserer Erzeuger, egal welchen Zeitalters, der Nachkriegszeit, der Weimarer Rebublik, der Klassik, der Renaissance, des Bauernbarocks, des Biedermeiers, des Mittelalters, schwellte diese Ungeduld, pochte dieses heiße Blut, mach(t)en die Hormone die Gedanken und Gefühle der jungen Menschen verrückt, GAB man ihnen NACH, gab man sich 'unstandesgemäß' der Lustbarkeit hin, ergaben sich junge Menschen wider jede Vernunft den Freuden und Leiden des Fleisches, öffneten ihre Schenkel voller Verlangen, stiessen zwischen Beine voller Geilheit, nicht anders als wir es tun!

Die Sinnlichkeit dabei? … ist die Natürlichkeit, die Selbstverständlichkeit, die 'Normalheit' dessen, dem Hinzugeben, dem Nachzugeben, dem 'Unvernünftigen', dem Tier in uns, dem was wir tun. Denn es ist wie wir hier sehen etwas, was immer 'in' war. Und es immer sein wird. Auch wenn jede Generation der nächsten zu erzählen versucht, es wäre noch nie so gewesen.

Die Sinnlichkeit liegt allen Menschen aller Zeiten einfach inne.

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One thought on “Sinnlichkeit…

  1. Ja, die Menschen, und somit ihre Sexualität und ihre anderen Triebe, sind schon seit der Steinzeit immer dieselben gewesen. Der menschliche Körper hat sich ja seitdem nicht wesentlich verändert.

    Ernährung sollte, damit der Mensch gesund ist, noch genauso wie zu Hägars Zeiten erfolgen… Wenn man dann bedenkt, was alles an Nahrungsmitteln hinzugekommen ist – Schokolade, Weißmehl, Zucker in allen Variationen – dann wundert man sich schon gar nicht mehr, dass Übergewicht ein großes Thema in unserer Zeit ist. Eng damit verknüpft die (mangelnde) körperliche Betätigung.

    Auch die Denkleistung ist seit damals nur unwesentlich gestiegen. Was uns erheblich von den Neandertalern unterscheidet ist, wie ich meine, die vergangene Zeit, die zwischen ihnen und uns steht… die Geschichte. Die Hochblüten darin haben ja auch nichts damit zu tun, dass die gscheiter waren als wir, was ja Schmonzes ist. Die Struktur und die Ideale der Gesellschaft waren nur eine andere – aufgrund mehrerer Faktoren, die nicht in die heutige Zeit übertragbar sind (Industrialisierung ist nur ein Schlagwort).

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